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Bergbau-Weihnachten damals
Die Frühschicht fährt an. Fast lautloser Lauf des gigantischen Motors der Fördermaschine des Achenbachschachtes. Seilscheiben der Turmbühne rauschen. Vollautomatisch gesteuert gleiten die großen Förderkörbe, mehretasisch mit 16 m/sec in die Tiefe. Fast unglaublich. 1972 wurde dieses technische Prunkstück eingebaut: Es war das modernste der Welt. Ein Stolz der Firma Siemens
.Schacht-Teufe: die 19. Sohle mit 648 m; darunter die Subsohle: 676 m und Abbau-Wendeln: Schachtanlagen-Lebensnerv.
Personenzüge oder offene Mannschaftstransportfahrzeuge bringen die Bergleute vor Ort, der Erzgewinnungs- Angriffsfläche; die Länge der Erzgänge des Grundner Reviers dürfte bei 6 km liegen. Mehr als 20 Oberleitungs- oder Akku-Lokomotiven auf den Strecken.
Bohrwagen mit Knicklenkung setzen Bohrlöcher, Schießarbeit wird vorbereitet. Hat es geknallt, stürzen sich u.a. riesige Frontschaufellader auf das gefallene Haufwerk. In der Hauptförderstrecke können selbst Loks funktechnisch gesteuert werden; können Großraum-Förderzüge ebenso beladen werden.Für ein Auskennen im unterirdischen Gang-, Wendel-, Sohlen- und Rollen-Labyrinth bedarf es fast eines sechsten Sinnes.....
Und hier arbeiteten in Spitzenzeiten über 1400 Mitarbeiter; eingebunden in örtlich-schicksalsbedingter Bergbau-Tradition; bei großer Entscheidungsfreiheit und Verantwortung; gemeinsam abgewendete Gefahren schweißten sie zusammen: Männer!-
Und jetzt war die Weihnachtsschicht: Maschinen stehen still.
Nahe beieinander Schaffende treffen sich auf dem Frühstücksplatz. Karbitlampen-Geleucht und Kerzen an einem echten Tannenbaum geben dem Ort ein wenig festliches Gepräge.
Der Schutzhelm wird aufbehalten. Auf der Gezähekiste ist der Schmausetisch angerichtet. Brot, Brötchen, Mett, Büchsenwurst, eine harte Schlacke laden zum Verzehr ein – auch heiße Würstchen gibt es – und der Stunde angemessen: Ein Fläschchen Hopfentee (aus der Hinterhand). Ein Jeder trug sein Scherflein bei. Es wurde erzählt, viel Lustiges stärkte die Bauchmuskeln. Eine Mundharmonika sorgte für Stimmung. Mancher summte oder sang leise mit. Auch unter diesem Weihnachtsbaum kreisten Gedanken, lebten die Träume. Diese Tage, mit ihren meditativen Momenten, mit ihrer Stille, tun allen Menschen gut – wo immer sie sich befinden. Und von den – Dingen-, die hier gemeint sind, fasziniert ihre ewig brennende Aktualität. Eben: Der rechte Blick für das Weihnachtsgeschehen, lässt Augen bis nach Bethelem sehen!
Die Gruben-Weihnacht war immer eine wunderschöne Familienfeier - in ansprechender Atmosphäre - unter Tage. Und Bergwerks-Bande binden und halten bleibend.
Fällt mir gerade jetzt ein kleines, aber gut treffendes Erlebnis ein:
Während eines Urlaubs in den schottischen Highlands, lernte ich per Zufall den Staatsanwalt von Inverness in einem Pub kennen. Er war als ehemaliger Fallschirmjäger-Kommandeur in deutscher Kriegsgefangenschaft geraten und musste unweit von hier in einem Bergwerk arbeiten. Sein Resümee: „Ihr Deutschen seid freundlich. Eure Mineure teilten mit uns redlich ihr Brot. Ich höre immer noch Euer: „Glückauf“ und das: „Mach’s gut!“ - Die Stunden der Herzlichkeit mit den Herren und Damen in Inverness kann ich nicht vergessen.
Na, dann allen Lesern, Gästen, Einwohnern der Samtgemeinde ein friedvoll-fröhliches Weihnachtsfest - mit einem entsprechenden Aufleben! Dazu unser „Glückauf!“

Willi Wagener

Foto: Gedinge-Kameraden-Weihnachtsfeier tief unten im Grubengebäude des Erzbergwerks Grund. Foto oben: W. Wagener
Bad Grundner Bergbau und Bergdankfest
Aus dem letzten Kapitel des der Tradition verpflichteten Berufsstandes, der trotz wechselvoller Geschichte 500 Jahre durchhielt und die Weichenstellung für die Geburt des Kurortes in den trauten Gebirgsstälern ermöglichte, dem gleich zu Anfang seines Wirkens Braunschweigisch- Lüneburger Herzöge Respekt zollten und durch Vergabe der Bergfreiheit im Jahre 1532 Stadtrechte mit Privilegien einräumten. Die erste der sieben Oberharzer Bergstädte existierte.--
Ein paar Einblendungen aus jüngerer Zeit. Wir schreiben das Jahre 1947. Mir sitzt in der Zeche (Hübichweg) der etwa 75-jährige Einwohner Spötter gegenüber. Er war Kamerad meines Großvaters mütterlicherseits und schildert mir den tödlich verlaufenen Unfall in der Hilfe Gottes: Alter 39 Jahre, Nachlass: die Witwe mit vier Kindern.- Der Großvater väterlicherseits verunglückte mit 34 Jahren im Medingschacht (Silbernaal) tödlich; Nachlass: Witwe mit einem Kind und in anderen Umständen.--
Nochmals 1947 und Eigenbericht. Ort: Medingschacht, 12. Sohle, Auftrag für zwei Hauer und zwei Mann vom Maschinenbetrieb: An einbruchgefährdeter Stelle dieser Hauptförderstrecke stellen von Eisenbögen, setzen von Verzugsblechen, Oberleitung erhöhen und verankern. Der Schichtablauf: Bergrumoren – Höllenschlag – Theodor Schindler, Adolf Hille, Rudolf Seiffert und ich waren verschüttet. Karbidgeleucht auch, tiefste Nacht. Gespür für Leben, Lautgabe, eigenes Herauswühlen, Absprache, Tuchfühlung, ohne Licht 1 km zum Schacht, Ausfahrt, Duschen, Verpflastern, Meldung beim Betriebsführer Emil Haindorf, Schulterklopfen: „Gott sei Dank! Fahrt hemm!“—
Die letzte erzfördernde Grube Deutschlands, die 1992 stillgelegte Grube Hilfe Gottes (Abbildung ganz oben, 1908), hatte 1831 ihre Förderung aufgenommen. Man schlug anfangs das Erz mit Schlägel und Eisen aus der Wand, denn die Druckluft betriebene Gesteinsbohrmaschine kam erst 1893 zum Einsatz.
Das erste offene Bergmannsgeleucht, der ölgefüllte Frosch, erblickte selbst 1864 das Licht der Welt. Gegen 1900 kam die bessere Karbidlampe; in den 50er Jahren die elektrische Kopfleuchte. Technisch lösten Schrapper und Lader die bis dahin für die Handarbeit zuständige Kratze und Trog ab.
Sich ablösende Erz-Abbauverfahren wie Fristenstoßbau, Blockbau-Rahmenzimmerungsabbau, Teilsohlenbruchbau bei Großraumzugförderung und Betonsversatz sorgten für Haufwerk-Effizienz.
Nun sind bekanntlich Maschinen nicht alles. Macher müssen sie bedienen, Handwerkskönner warten. Und diese Elite war da. Da stemmten und errichteten die bärenstarken Hauer Wolfgang Knopp und Horst-Rolf Kröter aus Rundbaumstämmen die Sicherheitstürstöcke – da errichteten die Hauer Erwin Klawitter und Günther Weiß Präzisionsbunker – da brachten die Schießlattenspezialisten Reviersteiger Willi Herr, mit den Hauern Karl Keinert und Ewald Stümer, in allerhöchster Gefahr, den hängenden Erzbunker wieder zum Laufen – da kletterten katzengleich die Hauer Rudolf Warnecke und August Stolze in einem 1m Durchmesser und 40 m hoch von unten nach oben aufzuschließenden Rolloch empor, ohne Deckung, nicht wissend, was über ihnen an Brocken absturzbereit hing.
An anderer Stelle, im Kartenraum des Reviersteigers Claus Messerschmidt, eines Hochqualifizierten für den Ausbau von Schachterweiterungen, wurde mir fast schwindlig vor lauter Bauplänen. Dann Erinnerung an den Markscheider-Vermessungsfahrsteiger Günther Häger, von dem die Fachwelt lernen kann, wie man in 600 m Schachtteufe, lotgenau, Konsohlen und dergleichen für den

Foto oben: 1893 ist es auf der Grube Hilfe Gottes vorbei mit dem Abbau-Gezähe Schlägel und Eisen (der linke Hauer). Die Druckluft betriebene Gesteins- bohrmaschine wird eingesetzt (der rechte Hauer).

reibungslosen Lauf der Förderkörbe einbauen kann ohne einen einzigen Millimeter Abweichung zu haben! Kommentar zu diesem Wirken: das gibt’s nur einmal!
Und doch, was wäre das Bergmannsleben- und in dessen Diensten Stehendes- gewesen, hätten nicht Asse wie der Grubensteiger Bernhard Klingebiel und der Hauer Konrad Loch ihre Männer-Gags abgezogen – da tat Lachen weh... und wohl zugleich!! –
Oh – und da fallen mir die Namen so vieler Kameraden ein – wie sie selbst – und erwähnenswert! – doch das sprengt den Rahmen.
Nähern wir uns der Rubrik: Bergbau, Beten und Bergdankfest! Bekanntlich ist die Sehnsucht nach dem Engel des Lichts, nach Schutzbedürfnis, Wärme und Bewahrung nichts Neues. Lebendige Seelen sind immer auf der Suche nach der unsichtbaren Wirklichkeit, nach einer Zukunft unter dem schützenden Bogen der Liebe. So war es auch hier in den Beträumen der Schachtanlagen. Dann saßen die bärtigen Recken auf klobigen Bänken und hatten schwielige Hände gefaltet. Der Vorbeter verlas die Epistel des Tage, allzu gern einen schönen Psalm-Text. Es wurde ein Gesangvers gesungen, das Vaterunser gesprochen.
Wem aber erfahrbar Hilfe widerfahren, der hatte auch das Bedürfnis Dank zu sagen: Bergdankfest.
Unter Vorantritt ihrer Bergkapelle und der Fahnen-Abordnung, in schmucker-schlichter Uniform, ging es einmal im Jahr zum Festgottesdienst in die St. Antoniuskirche, man wollte dem „Obersten Bergherrn“ deutlich Danke sagen. Es ist schon etwas Großes, Schönes und Bewegendes, wenn ein halbes Tausend Männer ihr „Lobe den Herren, den mächtigen König, der alles herrlich regieret und den Stand sichtbar gesegnet (ein Liedtext aus dem Jahre 1680) singen. Und auch das hier gesprochene Vaterunser aller kam nicht von ungefähr!—
Jetzt war die Zeit gekommen für den gesellig-gemütlichen Teil, zum Schärperfrühstück, in den Hotels. Es musizierten währenddessen die Bergkapellen und wenn dann die Dirigenten Oskar Berecke und Heinz Hönning die Stabführung dem lustigen 1-Meter-Mann „Eicho“ (Alfred Herr) übergaben, der sein Paradestück: „Adelheid, Adelheid, schenk mir einen Gartenzwerg“ lenkte, dann ging die Post ab, gemäß der Passage unseres Wahlspruches: „Gott schenke uns allen ein fröhliches Herz!“

Willi Wagener

Untere Aufnahme oben: 1930: Bergrat Dr. von Scotti begrüßt die angetretene Belegschaft auf der Clausthaler Straße: Die Bergkapelle der Grube Hilfe Gottes, 450 Mann Grubenbelegschaft, Bergmusik-Corps Wildemann, 200 Männer der Aufbereitung und des Maschinen- und Baubetriebes.

Foto oben: Bergdankfest – wie alle Jubiläen – begannen im überfüllten Kirchenschiff St. Antoniuskirche.


Das Erzbergwerk Grund,
die Grube „Hilfe Gottes“,
erlebte Königsbesuch
und den von
Ministerpräsidenten -

- doch im Jahre 1992
ging eine Ära zu Ende!

Gemäß einer Verlautbarung in Presse und Rundfunk seitens der Betriebsleitung des Erzbergwerkes Grund ging infolge Erschöpfung der bekannten und wirtschaftlich abbauwürdigen Erzvorräte eine Ära zu Ende. Am Sonnabend, den 28. März 1992 wurde das letzte und bedeutendste Werk seiner Art in der Bundesrepublik Deutschland stillgelegt. Wechselvoll wie das Leben, war die Geschichte dieses Traditionsbetriebes. Bereits 1564 wurde er als Zubußzeche „Hilff Gots im Grundt“ erwähnt.
Im Umfeld der Bergstadt suchte man sich immer wieder an den verschiedensten Stellen nach Silberhaltigen oder Eisenerzen. Wobei der Eisensteinbergbau am Iberg bereits um 1530 seine hohe Blüte hatte. Hier wirkten werktreu, eben mit Herz und Hand, ganze Generationen. Das fand die Anerkennung der Landesherren, die den in den Spalten der Berge schlummernden Schatz ahnten, seine Hebung förderten.- Die Grube „Hilfe Gottes“ am Todtemannsberg wurde am 31. Oktober 1831 als fiskalischer Betrieb in Dienst gestellt; das war einerseits der Weitsicht und dem 6. Sinn des der Bergstädte zugetanen Oberbergrat Ey zu verdanken und andererseits der bergmännischen Ortsbevölkerung, die freiwillig und unentgeltlich an Wochenenden hier schürfte. Erzsuche lohnte sich. Längst gab es ja im Oberharz der Bergstädte sieben.
Je tiefer man in die Berge eindrang, umso mächtiger waren die Erzadern. Und es war farben- und strukturmäßig. Bilderbuchschönheit, das Bändererz, Kokardeerz, Brekzieneerz und Ringelerz. Nicht zu vergessen die Kristallstücke und „Regenbogen-Drusen“. Die füllen die Vitrinen der Museen und die der Hauer. Eine Art Entschädigung für gefahrvolle Schwerarbeit. Nun setzte mit zunehmender Teufe anfallende Wassermengen dem Erwerbszweig fast ein Ende. Es mussten großräumig konzipierte Wasserlösestollen her. Der erste dieserart geplante Akt gelang durch den Bau des „Tiefen Georg-Stollens“, der mit einer Gesamtlänge von 18 000 Metern die Clausthaler Gruben und das Grundner Revier entwässerte. Seine Bauzeit lag zwischen 1777 und 1799. Das austragende Stollenmundloch befindet sich direkt unterhalb des Schanzeneingangs zur Abgunst.
Doch diese einmalig bergmännische Großtat schaffte die Problemlösung nur auf Zeit. Ein noch tieferer Stollen musste her. Das wurde der zwischen 1851 und 1864 angesetzte „Ernst-August-Stollen“ mit einer Gesamtlänge von 29 000 Metern, der Haupt- und Nebenstrecken einbezog. Der Harzer Bergbau festigte damit seine Weltgeltung. Dieser Stollen tritt bei Gittelde ans Tageslicht.
Während Schächte und Abbaufelder auch biblische Namen bekamen, verdankt der „Tiefe Georg-Stollen“ seinen Namen nach seinem Bauzeit-Regenten, das war Georg III von Hannover; der „Ernst-August-Stollen“ nach den Regierenden Ernst-August I und Georg V.
Konstanter Wasserzulauf sicherte die Betriebsfunktionen. Für die Hilfe Gottes sah Oberbergrat Ey die Lösung darin, aus dem 1743 errichteten Großen Hahnerbalzer Teich, Stauvolumen 68 000 m³, Wasser dem Eichelberghang zuzuführen, vermittels einer Röhrentour das Grundner Tal zu überwinden, und dann am Knollen entlang dem Werk zuzuleiten. Später schaffte man zwischen 1834 und 38: „Bau des Schulte-Stollens“ - zwischen Silbernaal und hinter Wiemannsbucht diesseits - Wasserversorgung von der Innerste.
Apropos: Betriebswasser: die ja auch von den Oberharzer Bergwerken benötigt wurden: Ein Kunstbausystem von Hanggräben, Stollen und Teichen veränderte die Landschaft gleichzeitig - und sehr zu ihrem Vorteil. Ließen es zu einem Paradies für Wanderer und Naturfreunde werden - denkmalgeschützt. Die Bauzeit des 15 km langen Dammgrabens lag zwischen 1732 bis 1840. Bergleute bauten ihn. Seine Wasser verteilten sich auf die Teiche der Clausthaler Hochebene.
Später, ab 1892, führte man sie per Röhrentour der Turbinen-Station, 364 m Teufe, zur Stromerzeugung zu. Dann flossen sie im Ernst-August-Stollen unter unserer Bergstadt ab gen Gittelder Mundloch und über die Weserzuflüsse in die Nordsee.
(Ab 1.1. 1975 steht das Wasser-Regal dem Bergbau nicht mehr zur Verfügung, sondern der größte Teil ergießt sich in die Okertalsperre, der Rest speist als Trinkwasser die Bergstadt Clausthal-Zellerfeld. - Wie denn ohnehin die alten Schächte längst verfüllt sind.) Die letzte Bergparade, ein Zug von 450 Mann, verlässt mit Marschmusik für immer das vertraute Werksgelände: In Würde!
Und wie war das nun mit einem Königsbesuch beim Erzbergwerk Grund? Vielleicht darf man eine kleine Geschichtseinblendung vornehmen? Es berührt Interessantes! Aus Vereinigung dreier hier naher Füstentümer entstand durch Verleihung der Kurwürde des Kurfürstentums Hannover (durch Kaiser Leopold II im Jahre 1692). Kurfürst Georg Ludwig wurde nach dem Tode Anna Stuarts als Georg I König von England. Fortan bestand zwischen Hannover und England eine Personalunion bis 1837.
Diese wurde gegenstandslos, weil die weibliche Erbfolge: Viktoria in England in Hannover nicht galt. Nach den Siegen Napoleon I über Deutschland 1806 gehörte Hannover - auch Bad Grund - zum Königreich Westfalen, wurde jedoch auf dem Wiener Kongreß wieder zum Königreich Hannover erhoben.
Ernst August war König von 1837-1851; Georg V von 1851-66. Als jedoch Hannover im Deutschen Krieg von 1866 auf Seiten Bayerns stand, die Schlacht bei Langensalza verlor, tauchte es unter als preußische Provinz.
Mir erzählte ein betagter Werksangehöriger von einen miterlebten Königsbesuch beim Erzbergwerk Grund. Das war richtig und es handelte sich um König Georg V von Hannover. Die Kutschanfahrt - beziehungsweise der Anritt der begleitenden Leibregiments-Schwadron in Gala-Uniformen - erfolgte von Gittelde und führte vor dem Knollen hindurch. Hier stand die Einwohnerschaft, Schüler klassenweise und fähnchenschwenkend, Spalier. Im Betrieb schmetterten die Werksmusiker preußisch, die Belegschaft stand stramm, parademäßig, auch in Uniform. Das war für die damaligen Verhältnisse fürwahr ein „Welterlebnis“, wenn auch die meisten Menschen vor Ergriffenheit nicht jubeln konnten.., so etwas gab’s nur einmal im Leben!
Und wer ist nun die im Bild festgehaltene erlauchte Tischrunde? Hintere Reihe von links nach rechts: Regierungspräsident von Hildesheim Dr. Rabus, Ministerpräsident von Niedersachsen, Dr. G. Diederichs, Oberkreisdirektor Dr. Frede (Landkreis Zellerfeld); untere, vordere Reihe von links nach rechts: Landrat H. Nuhn, Oberbergrat a.D. Dr. Ing. H. Röver von der Hauptverwaltung Hannover, Bergwerksdirektor Dr. Salau.
Sie - wie die Honorationen der Bergstadt- fühlten sich in unserer natürlich-fröhlich-ungekünstelten Werksfamilie sehr wohl. Wenn zwei zusammengehörende Betriebe: Die Grube „Hilfe Gottes“ und der Schwesterbetrieb „Bergwerkswohlfahrt“ im Verlaufe des Bestehens 19 Millionen Tonnen silberhaltiges Blei- und Zinkerz zutage brachten - das ist mengenmäßig unvorstellbar - war auch eine Werkfeier berechtigt!
Unerbittlich näherte sich der mit Wehmut betrachtete schwarze Sonnabend, 28. März 1992,. Vor dem Eingang des Tagesstollens hatte eine Bergmannsabordnung mit ihrer Bergfahne Aufstellung genommen. Reporter von Funk und Fernsehen standen in Doppelreihe. Auf dem Platz zwischen Aufbereitung, Magazin und Kaue ca. 450 Männer. Auf der Seilscheibenbühne wehte zum letzten Mal die Fahne. Wie oft hatte ich sie in über 30 Jahren Werkzugehörigkeit aus den verschiedensten Anlässen in diese schwindende Höhe gebracht, von welcher aus man den Kreis Osterode einsehen kann! Noch war der Himmel miesgrau – wie könnte es anders sein?
Anschläger des Schachtbedienungspersonals gaben die Anfahrklopfsignale zur Fördermaschine. Der Maschinist reagierte. Atemlose Stille; Hauer in Arbeitskleidung schoben nacheinander die letzten beiden geschmückten, beladenen, mit Erinnerungs-Metalltafeln versehen Förderwagen ans Tageslicht: Einen für die Bergstadt, er steht beim Kurmittelhaus, einen für das Bergwerksmuseum am „Knesebeckschacht“. Ich hatte Last diese Aufnahmen zutätigen. Zwar weinen Bergleute nicht, doch gibt es auch mal feuchte Augen.
Die Mienen aller Kameraden sprachen Bände. Ihre Arbeitsstelle futsch. Ihr Beruf nicht mehr gefragt. Aus, endgültig Aus, für immer. Ihre Grubenbaue dem Grubenwasser übergeben. Der Himmel verstand es. Regen setzte ein und ging binnen einer Stunde in einer alles zudeckenden 10cm hohen geschlossenen Schneelage über.
Dann verließ unter ihrem Marsch „Glückauf auf! Der Steiger kommt“ die Bergkapelle, Fahnenabordnung, 450 Mann, stolz und aufrecht, gemäß den Worten des in Goslar amtierenden, gebürtigen Bad Grundner Bergdirektors Eberhard Fleisch, der sagte: „Wenn wir gehen, dann gehen wir in Würde!“ als letzte Bergparade die Grube „Hilfe Gottes“: in Würde! Für immer!

Willi Wagener

Der vorletzte Förderwagen kommt zu Tage -per Ehren-Spalier.
Fotos: Wagener
Beide letzte Förderwagen sind an’s Tageslicht gebracht und scheinen Bürgermeister Dr. Domröse zu fragen: „Was soll das?“
Fotos: privat
Gittelde – im Wiesengrunde – wohl eingebettet und schön
Gittelde - altehrwürdig. geschichtsträchtig und eigenem Charme, das muss man eingesteh’n!

Gittelde spielte im weiten Umfeld immer eine Rolle und nicht nur für die Bergstadt Bad Grund, deren Wiege dort unten stand. Von Gittelde kam auch der erste Badegast zu uns und der war gleich prominent, die Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg, die als Witwe im Amt Stauffenburg lebte. Sie nahm bereits 1510 hier ihr wohltuende Schlackenbäder.
Schon eine sich früh entwickelnde Eisenindustrie – die Faktorei von Gittelde – belieferte den Harz mit den erforderlichen Erzeugnissen. Gittelde war die Bad Grundner Anschluss-Station zur Eisenbahn; es versorgte Teile der Oberharzer Bevölkerung mit Lebensmittel. Der Blick von jeder Richtung auf Gittelde – eingebettet in der weiträumigen, grünen Landschaft, verfehlt die Wirkung nicht, ist malerisch. Zwei rechte Gotteshäuser, die Jahrhunderte alt sind, wirken wie dörfliche Stützpfeiler: ernst und gehaltvoll. Ein magisches Monument, gleichsam einer bergbaugeschichtlichen Ehrenpforte, stellt das Stollenmundloch des Ernst-August-Stollens dar; beim Schützenhaus von Gittelde in 202,5 m über der Nordsee.
Was war seine Bedeutung?
Die Erschließung des Harzes war eine Sache des Bergbaus; ein arbeitsintensiver, gefahrvoller und Opfer fordernder Weg – über Jahrhunderte.

Die Oberbergämter konnten in immer guter Verhandlungsführung mit regierenden Fürstenhäusern die erforderliche Infrastruktur dafür schaffen – Lebensverhältnisse für einen Berufsstand. Die Gewerke benötigten für ihre Antriebs- und Fördermittel viel Wasserkraft. Die sammelte man in über 70 Teichen des Oberharzes, über rund 300 Kilometer Gräben- und Wasserläufe, in einem sensationell ausgeklügelten System, unter Nutzung unzähliger Bergbau- Erfindungs-Patente. Wasser-Hauptlieferant: Quellbereiche und Hochmoore des Bruchbergs. Hingegen drohte bei immer größerer Teufe der Schachtanlagen ein Erliegen des Bergbaus, durch die dort anfallenden Wasser. Abhilfe konnten nur Wasser-Lösestollen schaffen.
Dazu diente erst einmal der Tiefe-Georg-Stollen; benannt nach dem derzeit regierenden Georg III. von Hannover. Der wurde erstellt zwischen 1777 und 1799, seine Länge betrug 10 521 m und mit Flügelörtern 19 000 m, sein Stollenmundloch liegt in Bad Grund, unterhalb der Zufahrt zur Abgunst (einst: vor dem ehemaligen Bad Grundner Bahnhof.) Bald war ein neuer, tiefer liegender Stollen geplant und in Angriff genommen. Die präzise fachmännische Vorarbeit für dieses schier unmöglich gehaltene Unterfangen lag in bewährten Händen einer Markscheider Persönlichkeit namens Borchert.

Die Welt kannte damals nichts Vergleichbares. Der neue Stollen bekam den Namen Ernst-August-Stollen, weil er in die Regierungszeit von Ernst August I. und Georg V. fiel. Baubeginn war 1851, Fertigstellung 1864, Gesamtlänge einschließlich aller Flügelörter 33 km Länge; Höhenmaße bei 3m, Breite 2,40 m, er war also gut Schlauchboot befahrbar.
Da die Bergwerks-Gewerkschaften die Bau-Erstellungskosten nicht erbringen konnten, schoss das Königreich Hannover die fehlenden 330 000 Thaler bei. Damit war der Oberharzer Bergbau in Staatsbesitz.
1866 vereinnahmte Preußen das Königreich Hannover und war damit der Bergwerks-Eigentümer.
Abgesang:
Die aus dem Mundloch des Ernst-August-Stollens in Gittelde austretenden Grubenwassser des ehemaligen Erzbergwerks Grund, Grube „Hilfe Gottes“; (das Grubengebäude ist nach Schließung am 31. März 1992 geflutet) fließen über die Markau (Quellbereich unterhalb
des Hübichensteins) zur Söse.
Geblieben ist von einer hohen Zeit in Weltgeltung stehendes Harzer Bergbaus die Erinnerung, Grabenwege für Wanderer, Exponate für Museen und manchmal im Traum unser Gruß „Glückauf!“
Westlich von Gittelde gelegen erstreckt sich ein Höhenzug, den wir mit Westerhöfer Wald bezeichnen. Der kleine Anstieg zum Bergfried, auf welchem sich die Ruinen der ehemaligen Stauffenburg befinden, ist beachtlich. Die Ersterwähnung der Anlage war 1131, Gründung unter Heinrich I. Burgen wechselten oft ihren Besitzer. Hier übernahm der große Welfenherzog Heinrich der Löwe das Zepter. In der Reformationszeit lebte hier gern Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig- Wolfenbüttel. Und warum? Er benutzte das Anwesen als geheimes Liebesnest. Seine Angebetene ein Edelfräulein am Hofe zu Braunschweig, namens Eva von Trott. Beide waren unsterblich ineinander verliebt. Aber sie konnten sich nur hier in der Stille und Abgeschiedenheit der Landschaft treffen:
Standesunterschiede.
Hier auf der Stauffenburg war für sie das Land des Wunderbaren, ihr Garten Eden. Hier gebar Eva ihrem herzoglichen Gemahl innerhalb von 9 Jahren einen Sohn und neun Töchter. Die Hebamme Kippenberg aus Gittelde stand ihr bei der Geburt zur Seite.

War Eva nicht guter Hoffnung, lebte man zwischenzeitlich fidel und munter in der Herzogstadt. Wie üblich sickerte aber die Sachlage bei Hofe durch und löste bei der Herzogin Marie und dem Hofstaat ein Erdbeben aus.
Die Liebenden gerieten in eine Notlage – und die macht bekanntlich erfinderisch. Auf das abenteuerliche Reagieren des Herzogs und seiner Eva – da muss erst einmal einer drauf kommen: Er ließ Eva in Gandersheim sterben, angeblich an der Pest. Kondolenz-Besucher erwiesen einer im Sarg aufgebahrten, getarnten Puppe die letzte Ehre. Makaber. Die Begräbnishandlung lief nach vollem kirchlichen Ritual –also auch mit Glockengeläut, ab. Und Eva ..., die ließ es sich indessen auf der Stauffenburg gut gehen. Das Personal war zum Schweigen vergattert. Der Prinzipal kam heimlich, aber beständig, nicht umsonst: wovon insgesamt zehn Kinder zeugen. Derartiges bringt einfach eines Tages die Sonne an den Tag. Heinrich brachte Eva zur Liebenburg. Geburten standen weiter an. Ihr letztes Asyl ward ihr in Hildesheim gewährt, wo sie etwas über sechzigjährig verstarb. –
Auf dem Vorplatz der Burganlage grüßt aus jener Zeit die Eva von Trott-Linde, die nichts gegen Liebende einzuwenden hätte.
Äbtissin von Gandersheim: Die andere Episode, die sich im Jahre 1587 hier abspielte, löst fast einen Schock aus. Die Äbtissin Margarete von Wahrburg hatte intime Beziehungen zum Stiftsverwalter. Wegen sittlicher Verfehlungen verurteilte sie das geistliche Gericht; Urteil: Lebendige Einmauerung! So geschah’s. Nahrung reicht man der Ärmsten durch ein kleines Loch. Sie ertrug die Höllenqual acht Monate. –
Nach Nutzung als Amtmann-Wohnung und Gefängnis verfiel die Burg Stauffenburg mehr und mehr, wurde Baumaterial-Lieferant, wie so vielerorten.
Meine Frau und ich, wir sind vom Taubenborn gern zu Fuß durch die lieblichen Wiesengründe der Feldmark zur Stauffenburg gelaufen, haben von der Aussichtskanzel den Ausblick genossen, von der intakten Burganlage und den Liebenden geträumt. Ein anheimelndes Plätzchen – zweifelsohne. Das gepflegte Revier des Westerhöfer Waldes wirkte wohltuend. Der Laubwald ehrfurchtgebietend. Himmelhohe Buchen mit prächtigen Kronen – kuschelige Kleinareale poesievoller Selbstbesamung. Ein Wald der tausend Motive. Inmitten des Waldreviers eine eingefasste, murmelnde Quelle.
Oberhalb am Buchenstamm ein Schild! Inschrift: Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle! Welch wunderschöne Worte! (Ps.65,10). Hier ruhten wir stets und uns fehlte nichts zum Glück! –
Wenn wir von der anderen Waldseite uns Gittelde näherten, sangen wir: Im schönsten Wiesengrunde, ist meiner Heimat Haus.
Aus einem Garten im Ort winkt uns ein Mütterchen heran und schenkt uns Birnen. Nachmals: Dankeschön! Und wenn ich die schönen, alten Kirchen sehe – von denen Gittelde gleich zwei hat – wird mir’s immer so warm um’s Herz – dann muss ich beider Außenmauern kurz mal streicheln; wie ich am Stollenmundloch des Ernst-August-Stollens meinen Wanderhut ziehe!
Willi Wagener
Fotos: W. Wagener
Rettung aus Not – Oberstes Gebot

Die Grubenrettungsmannschaft des Erzbergwerks Grund stand einst im hohen Ansehen, sowohl bei den hohen Beamten des Oberbergamtes Clausthal – als auch bei der Leitung der Niedersächsischen Hauptstelle für das Grubenrettungswesen Clausthal. Sie war nicht nur für unsere Grube Hilfe Gottes zuständig, sondern auch erste Hilfeleistungswehr für Nachbar-Zechen. Sie setzte sich aus Bergleuten zusammen, die sich freiwillig gemeldet hatten, das ärztliche Gesundheitszeugnis mitbrachten, Kameradschaft lebten und für die Angst ein Fremdwort war.
Im Alarmfall waren sie binnen Minuten zur Stelle, egal ob man sie von Zuhause rief oder aus der Grube holte. Kommandos regelten die Einsatzfähigkeit. Jede Grube hatte eine Wehr zu unterhalten, deren Stärke sich nach Belegschaftszahl und Gefahrencharakter richtete. Die Maximalstärke der Grundner Wehr betrug 30 Mann. Den Einsatz vor Ort leitete nach Anweisung der Bergbeamten der jeweilige Oberführer. Im Laufe der Jahre – die Wehr wurde etwa 1933 aufgestellt – waren das folgende Ober-, Fahr-, Revier- oder Grubensteiger: Hermann Fleisch, Gerhard Elsner, Willi Herr, Willi Rögener, Rudolf Fricke, Claus Messerschmidt, Werner Manthey, Wilfried Schubert und Klaus Lustig. Sie bildeten ihre Einsatztruppe praktisch und theoretisch aus.
Zur Kameradschaft gehörte Kraft und Können. Der Einsatztrupp 1 (ein Gruppenführer und vier Mann) erkundete die Strecke, nahm eine Gasanalyse vor, verlegte eine Telefonleitung, hatte also Kontakt mit der Einsatzleitung über Tage; weitere vorrückende Gruppen konnten sich in diese Sprechleitung einzapfen. Verunglückte suchen in verqualmten Grubenbauen, sie bergen und versorgen, weiß Gott nicht einfach.
Brandbekämpfung und Branddammbau war Sache weiterer Trupps. Einen Zweizentnermann im engen Rolloch, 80 bis 100 cm Durchmesser, senkrecht auf Fahrten (Leitern) von Sohle zu Sohle hieven – jeweils 40 m (im Alu-Schleifkorb); da purzelten bei den Rettern die Kilo.
Das auf dem Rücken getragene Bergbau- Gasschutzmodell 160 A wog 17,4 kg (die letzten neuen BG 172 = 12 kg). Diese Geräte versorgen den Wehrmann mit reinem Sauerstoff vermittels einer konstanten Dosierung von 1,5 Liter/min; eine lungenautomatische Steuerung liefert bei Bedarf auch ein mehr. Im Kreislauf zwischengeschaltet, hält eine Alkalipatrone den Atemluftfluß sauber; somit ist der Geräteträger für 3 bis 4 Stunden von der ihnen umgebenden, nicht atembaren Luft völlig unabhängig.
Ortskenntnisse in anderen Gruben wurden dort während Fahrschichten oder Alarmübungen gesammelt. Kali-Abbaufelder mit Räumen eines Fußballplatzes und Höhen für Dome geeignet – überraschten.
Im Steinkohlebergwerk, liegender Abbau eines 40 – 50 cm hohen Flözes, lief das Wasser hinten im Nacken unter der Kleidung und aus dem Hosenbein wieder heraus (Beckedorf/Schaumburger Mulde).
Wieder eine ganz andere Welt am Samson-Schacht in St. Andreasberg. Hier betrieb man Erzbergbau zwischen 1521 und 1930; Teufe um 800 m. Zwischenzeitliche Erfindungen: der Harzer Bergmeister Dörell 1833 die Fahrkunst; der Oberbergrat Albert, Clausthal, das Drahtseil 1834; ermöglichten hier 1867 die verbesserte Drahtseilfahrkunst einzubauen. Der Hammer: Dieses letzte, Original erhaltene, voll funktionierende technische Denkmal – welches die Einfahrt oder Ausfahrt von vielleicht 3 h auf 30 min reduzierte – durften wir befahren. Fahrten (Leitern) hatten ausgedient. Bergleute brauchten nicht mehr eine Woche im Schacht vegetieren....
Die Schacht-Fahrkunst wurde über ein Mammut-Wasserrad von 11,50 m Durchmesser angetrieben und versetzte ein Feldgestänge in eine Hin- und Herbewegung – ein über den Schacht befindliches Kunstkreuz steuerte die Bewegung in eine Auf- und Ab-Richtung um. Vom Kunstkreuz führten zwei parallele Seile eines Gestänges in den Schacht: hier sind die Aufsteig-Trittbrettchen und die Haltegriffe für den Fahrenden angebracht. Während der Fahrt wird im Wechsel von einem Kunstgestänge auf das andere – die Reihenfolge strikt einhaltend! – umgestiegen. Hubhöhe immer 1,60 m; Umsteigehalt 1 sec; Schachtneigung 85 Grad. – Das ist kein Pappenstiel....

Nun, führte uns – unter Nutzung eines offenen Karbid-Geleuchts – kein Geringerer als der Oberbergrat Herbert Dennert, vom Oberbergamt Clausthal, auch ein Buchautor, leider 1994 verstorben – mit 91 Jahren.

Freilich ist der Antrieb inzwischen elektrizifiert. Wir fuhren ein zum Grüner-Hirsch-Stollen, 130 m Teufe – zum Silberstollen, 190 m Teufe. In diesen ehemaligen Wasserlösestollen sind Stromerzeugungskraftwerke installiert, die noch arbeiten und befahren werden. – Nach einer abermaligen Einfahrt habe ich mich nicht gesehnt – wohl eher nach dem anschließenden tollen, verdienten, gemeinsamen Schärperfrühstück mit Herrn Oberbergrat Dennert – und seiner Clausthaler harten Schlackwurst.

Auf Grund unserer technischen Ausstattung konnten wir manchen Silikosen-Erkrankten unserer Vätergenerationen Erleichterung im Leid verschaffen und damals – mehrmals – unserer Ortsärzten Dr. med. Wiese und Dr. med. Rübberdt behilflich sein.

Im Leben geht alles vorüber (nicht die Erinnerung!) –
Bergbau ade! Grubenwehr ade! Aber dennoch: Glückauf!“
Bericht und Fotos: W. Wagener
Unsere Teiche: vom Bergbau geschaffen - Unsere Quellen: ein Geschenk der Natur.
Perlen in der Landschaft - Orte der Erfrischung. Wasser erzeugt Leben, Wasser ist Leben!
Von ihm geht allerorten eine Faszination aus -sowohl für klein als auch für groß. Auch wir als Kinder spürten diese. Die Bäche und Quellen gehörten in den Spiel- und Phantasiebereich glücklicher Betrachtungswelten. Zwar gehörte familiäre Mitarbeit zu unserem Pflichtenkreis, doch zum Spielen reichte die Zeit noch alleweil! Ohnehin lief dieselbe damals in allem viel, viel langsamer. Und Uhren besaßen wir sowieso nicht, die gab es vielleicht zur Konfirmation - als Patengeschenk. Zwar nahmen wir auch noch nicht den ganzen Zauber der Landschaft wahr, aber die schützende Zuwendung der Wärme der Heimat, des Zuhauses.
In jedem unserer fünf Grundner Täler führte offen verlaufendes, den Talgrund einschneidendes Fließgewässer, mit schwankender Wasserführung - Niederschlagsmengen oder das der austretenden Quellen - zu Tal.

Der die Clausthaler Straße als Bachbett benutzender Strom kam vom Taternplatz, der Wiemannsbuchter-Kappe und der Pferdetränke; durch die Bergstraße hatte der Teufelstaler Bach - unterhalb des Schweinebratens und Spitzigen Berges beginnend- seinen Lauf; im Hübichweg floß Wasser von Violenberg und Iberg; das Kelchtal hatte seinen Königsbach, der entspringt oberhalb der Horizontalweg-Wassertretstelle, Laubhütte gab sich mit dem Eichelbach zufrieden, der seine Wasser vom Kalten Born und Eichelberg-Flanken bezog. Alle Bäche nahm der Schlungwasserweg auf und leitete sie nach Windhausen ab. Während des Ortsdurchlaufs versorgten die Wasserläufe Pumpen und Brunnen mit dem nötigen Naß. In die Wohnungen wurde es per Eimer getragen.
Als Gegenleistung für den freien „Bergstadt-Bachbett-Durchlauf“ mussten die Wasser so nebenbei die Ober-, Mittel, Wiesen- und Laubhütten-Mühle betreiben....
Die Quellen-Erkundung war Ehrensache; so die unweit des Gewitterplatzes gelegene „Kalte Born-Quelle“ und der „Kasperbrunnnen“. (Als wir während eines Schulklassen -Ausflugs an letzterem rasteten, erzählte uns Knirpsen Lehrer Harenberg das Märchen von „Brüderchen und Schwesterchen“: Der Bub ward zu einem Rehlein, war durch die Quelle verzaubert; und er wisse nicht, ob es sich um diesen handelte. Das konnte ich leider auch nicht in Erfahrung bringen! Vom wunderschön gemauerten „Sinrams-Brunnen“ zwischen Iberg- und Winterberghöhe gelegen, holte der „Alte Auerhahn“, der Turmwirt vom „Albertturm“ Berthold Lothwesen, sein Wasser per Bernadiner-Hundegespann. Die „Pandelbach-Quelle“ gluckerte etwas versteckt unterhalb des Forststraßenkontenpunktes Keller; die Griesebach-Quelle befindet sich im Großen Buchbergbereich.
Die „Kayser-Quelle“ liegt am Horizontalweg unweit der Wassertretstelle, die „Taubenborn-Quelle“ im dortigen 1953 erschlossenen Siedlungsbereich der Bergmannssiedlung. Eine Quelle am Fuße des Violenberges lieferte dem Iberger Kaffeehaus das Wasser - per Pferdegespann -
Ob es sich hier um einen Felsquell aus anstehendem Gestein handelte oder um Wasser aus stauenden Hangschichten - wir liebten jede Quelle, für uns Augenweiden und Erfrischungsborne.
Damals vor 70/80 Jahren, befanden wir uns im regelmäßigen Ablauf der klassischen Jahreszeiten; es stimmte alles im Haushalt der Natur - auch die Aussage des 65. Psalms, V. 10: „Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle!“
Auch unsere Teiche hätten nicht minder Anziehungskraft: Am Teufelstal-Eingang lag der Mühlenteich: Er lieferte das Wasser für die Obermühle, diente als Fischteich, als Eisblock-Lieferant für sommerliche Getränkekühlung der Hotelleria und uns Kindern als Eislauf-Stadion.
Der am Teufelstalende gelegene Kesselteich, einstmals für Iberger-Eisenerz-Wäsche in Betrieb, war längst versandet und versumpft. Er erfreute noch mit einem leuchtenden gelben Sumpfdotterblumen-Feld und diente uns Jungen für Sumpfgas-Zündeln: 5 bis 10 cm hohe bläuliche Stichflämmchen.
Die beiden Hahnebalzer-Teiche, der kleine wie der große, bezogen ihr Wasser aus Quellbereichen des Forstreviers Hahnebalz. Hier hatten wir unserem Spaß und nahmen dafür gern einen Marsch von 2 bis 3 Stunden in Kauf. Stets bauten wir uns Flöße, fühlten uns auf ihnen wie Kapitäne. Allerdings im Jahre 1947 wurde hier aus Spaß bitterer Ernst. Wir, von der Heimatgruppe Harzer Roller Bad Grund , zelteten über ein Wochenende auf der Dammkrone des großen Teiches! Plötzlich, sonntags, ein Schrei von einer seitlich zeltenden Hamburger Gruppe: „Hallo! Hilfe! Beim Floß ist einer untergegangen!“ -Sofort sprang ich ins Wasser. Mein Schwimmern miserabel, vom Rettungsschwimmen keine Ahnung, im Tauchen gut! Das Wasser hatte Trübe. Da - vor mir senkrecht zappelnd- eine Gestalt. Auftauchen - Luftholen - Überlegen: das Paddel! Damit wieder getaucht, dem Zappelnden das Holz gegen die Brust gestoßen, der packt zu, ich konnte ihn zum Floß bringen. Wir legten ihn mit dem Kopf nach unten auf die Böschungsschräge - Wasser lief aus seinem Mund - nach 10 Minuten schlug er die Augen auf: Gerettet war Friedrich Stolze aus Bad Grund, Alter 18 Jahre, er gehörte nicht zu unserer Gruppe!

Die Klärteiche und Absetzbecken der Gruße Hilfe Gottes, westlich des Knollen gelegen, erregten kein sonderliches Allgemeininteresse; wohl der Todtemannsteich, vor der Taubenborn-Quelle gelegen. Hier wuchs 1953 die Bergmannssiedlung Taubenborn heran und entwickelte sich zu einem Schmuckstück der Bergstadt selbst. Der Teich ward zu einem Refugium der Angler-Interessengemeinschaft, sein Wintereis ein Schlittschuh-Paradies.
Hervorzuheben sind die klaren Wasserspiegelungen. In hellen Nächten, wenn vom sternenübersähten Himmel der Vollmond Welten verzaubert, erscheint er ein zweites Mal; ebenso die Häuserzeilen oder der Waldbestand: allerdings auf dem Kopf gestellt. Gestochen scharf bleibt dieses Bild auch tagsüber im Sonnenlicht. Wenn aber das ganze Szenario im verklärenden Licht der schlafengehenden Sonne sich stellt, wir alles zur Andacht; auch in der Andacht liegt Geborgenheit und Freude; ein Großteil unserer Stärke!

Willi Wagener

Fotos:
Links oben Baudenkmal Unterer Hahnebalzer Teich. Heute eine Bereicherung der Harzer Erholungslandschaft: Eine Bilderbuch-Waldweiher 500 m ü.M. gelegen; Inhalt 52.000 cbm, Fläche 1,6 ha, Dammhöhe 9,3 m; Bauzeit 1676/86.
Darunter: Die heute überbaute, einstige Taubenborn-Quelle, Namensgeber der Siedlung Taubenborn; aufgenommen 1952, ein Jahr vor Baubeginn.
Einstige Erfrischungs-Bezugsstelle für die im Horstkamp Feldarbeit Leistenden.
Rechts oben: Der Sinramsbrunnen, von ihm bezog der Iberger Albertturm sein Wasser - er verriet Rastenden Waldgeheimnisse.
Rechts unten: Der Kasperborn-Quell; 570 m ü. NN - er soll märchen-verzaubert sein: Wer weiß?
Glück Auf!