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als 250 Teilnehmer folgten der Einladung zum Kolloquium "20 Jahre Stilllegung
Erzbergwerk Grund“
Bad Grund, 3.4.12 (kip) Aus nah und fern waren Teilnehmer zum 20. Jahrestag
der Schließung des Erzbergwerks Grund nach Bad Grund geeilt, um auf
Einladung des Nds. Bergarchivs und des Instituts für Bergbau der Technischen
Universität Clausthal-Zellerfeld Vorträge von namhaften Referenten
zu den Themen des Bergbaus auf dem Silbernaaler Gangzugs vom Medingschacht
an der Innerste gelegen bis nördlich von Gittelde. Darüber hinaus
wurden zwei Vorträge mit bergbaulichem Bezug auf Sachsen und die Lausitz
angeboten.
Mit
einem herzlichen Glückauf eröffnete im vollbesetzten Atrium Prof.
Dr. Oliver Langefeld, TU Clausthal-Zellerfeld, die über 250 Teilnehmer.
Bürgermeister Manfred von Daak, Stadtdirektor Harald Dietzmann und
die Referenten der heutigen Veranstaltung, In seinem Grußwort beleuchtete
Bürgermeister Manfred von Daak die zu Ende gegangene Ära des
Oberharzer Bergbaus, die sich in der in der ältesten der sieben Oberharzer
Bergstädte, in der Bergstadt Bad Grund, vollzogen hat.
Als
erster Vortragender begann Dr. Klaus Stedingk.
Dr.
Klaus Stedingk studierte in Clausthal-Zellerfeld und leitete viele
Jahre die geologische Abteilung beim Erzbergwerk Grund (EBG). Seit 1995
ist er am Landesamt für Geologie in Halle (Sachsen-Anhalt) tätig.
Bei Stilllegung des EBG war die Lagerstätte noch nicht erschöpft.
Jedoch haben die Bedingungen auf dem Weltmarkt keinen Weiterbetrieb des
Grunder Bergbaus mehr zugelassen. |
  Umfassend
und detailliert zeigte Dr. Klaus Stedingk auf, dass der Harz und Umgebung
zu den montanhistorisch bedeutenden Regionen in Europa zählt. Den
Schwerpunkt bildet hierbei die zugleich größte und bis 1992
betriebene Grunder Lagerstätte, so Stedingk. Der Bereich der Grunder
Lagerstätte auf Blei- Zinkerze beginnt im Innerstetal, bezogen auf
heutige Lokalitätsbezeichnungen, östlich des Medingschachts,
verläuft dann auf die Bergstadt Grund zu und von hier aus weiter in
Richtung Harzrand und endet in der nördlichen Gemarkung von Gittelde.
In
den Bergbaurevieren Grund, Clausthal, Lautenthal und Wildemann-Hahnenklee
wurden 37,8 Millionen t Roherz gefördert; davon etwa 1.900.000t Blei,
1.463.000t Zink und etwa 5.000t Silber. Er schätzt, dass noch 5 Millionen
Tonnen Erzmittel vorhanden sind, deren Abbau aber unrentabel sein dürfte.
Mit dem Hinweis, dass etwa die Hälfte der geförderten Mengen
auf das EBG entfällt, beendete Dr. Klaus Stedingk seine informativen
Ausführungen.
Dr.
Wilfried Ließmann studierte an der TU Clausthal und erarbeitete
seine Diplom-Arbeit 1983 in Bad Grund. Er hatte mit die Idee zu diesem
Kolloquium.
Er
informierte über die Grube Bergwerkswohlfahrt und über den Bergbau
im östlichen Silbernaaler Gangzug bis 1907. Sein Vortrag trug den
Untertitel "Des Bergwerks Wohlfahrt ist des Harzer Glücks.“ Vom historischen
Bergbau im Innerstetal bei Silbernaal - heute noch sichtbar durch den Medingschacht
an der B 242. In diesem Bereich begann vor etwa 800 Jahren der Bergbau.
Stets hatten die Bergleute mit einbrechendem Wasser zu kämpfen. Deshalb
konnten sie nur in Tiefen bis 300 Meter Bergbau betreiben.
Der
Bau des Tiefen-Georg-Stollens (1777 - 1799), der in der Bergstadt Bad Grund
mündet, half den Bergleuten, so dass sie in tiefer gelegene Bereiche
vordringen konnten. Er erinnerte an den Bergbau, der von der Grube Braunschweiger
Haus ausging. Die 1826 gegründete Bergwerks Wohlfahrt war die letzte
zum Betrieb von Bergwerken gegründete Gewerkschaft im Oberharz.
1831
wurde westlich der Bergstadt Grund mit der Grube Hilfe Gottes ein Versuchsbergbau
begonnen worden. Oberbergmeister Ey hatte hieran maßgeblichen Anteil.1902
wurde der Medingschacht modernisiert. Damit begann der industrielle Bergbau
im Harz, so Dr. Wilfried Ließmann.
  Dr.
Christoph Bartels, der am 31. März 2012 seinen letzten Arbeitstag
feierte, stellte in seinem Vortrag fest, dass der 1831 mit dem Schacht
Hülfe Gottes in Bad Grund begonnene Bergbau für den gesamten
Harzer Bergbau eine wichtige Rolle gespielt hat. Er verwies auf den Bau
der ersten Grunder Kapelle in 1465 durch den Hüttenbetreiber Streit,
auf die frühe Verleihung der Bergfreiheiten (Bergrechte) in Grund,
auf den Bau des Magdeburger Stollens (1527) zum Abbau von Eisenerz im Iberg
und dass der Bergbau im Laufe der Jahrhunderte in Grund immer wieder ruhte.
1855 wurde der Schacht Knesebeck begonnen abzuteufen und 1866 verleibte
Preußen sich das Land Hannover ein. Die von 1866 bis 1907 in den
Pochwerken der Grube Hülfe Gottes verwandten Technologien und Aufbereitungsprinzipien
waren international bedeutend. 1907 ging der Achenbach-Schacht als neuer
Schacht bis zur 11. Sohle in Betrieb. Ein bedeutsames Ereignis für
die damalige Zeit, so Dr. Christoph Bartels.
Dipl.-Ing.
Wilhelm Rögener wurde in Bad Lauterberg geboren. Seine bergbauliche
Tätigkeit begann er mit einer Lehre beim Erzbergwerk Grund, die er
nach 40 Berufsjahren hier auch als Betriebsingenieur beendet hat. An der
Berg- und Hüttenschule hat er das Zeugnis zur technischen und geschäftlichen
Befähigung zum Grubenbetriebsführer (Bergbauingenieur) erlangt.
Der Hochschulgrad Diplomingenieur wurde ihm aufgrund des Nds. Hochschulgesetzes
von 1978 verliehen. Wilhelm Rögener bezeichnet in seinem Vortrag das
Jahr 1907 als ein besonders Jahr für die Bergbaugeschichte in der
Bergstadt Bad Grund. Mit Inbetriebnahme des Achenbach-Schachtes stand dieser
Schacht im Laufe der weiteren Jahrzehnte im Mittelpunkt des Bergbaus in
der Bergstadt. Er war alsbald der Hauptschacht im Grunder Revier Bis zur
Schließung des Bergbaus 1992 in Bad Grund hat er diese Aufgabe voll
erfüllt. Der Achenbach-Schacht hatte wesentlichen Anteil am Zusammenwachsen
der Bergbaureviere im Innerstetal und in Bad Grund. Außerdem wurden
der Westschacht rund 1000m westlich vom Achenbachschacht und der Wiemannsbucht-Schacht
konnte 1951, nachdem die Verbindung zum 2. Blindschacht hergestellt war,
in Betrieb genommen werden.
  Wilhelm
Rögener verwies auf die Bedeutung des Tiefen-Georg-Stollens (1777-1799)
und des in Gittelde mündenden Ernst-August-Stollens. Weiter zeigte
er die Entwicklung der Berginspektion Grund (1873-1923) auf. Das Gebäude
wurde 1873 in etwa dort errichtet, wo heute das Gesundheitszentrum (ehemals
Kurzentrum) Bad Grund, Elisabethstraße 1, steht und 1975 gebaut wurde.
Acht Schächte zählten damals zur Berginspektion Grund.
Am
21. Oktober 1914 werden die Gruben Bergwerkswohlfahrt im Innerstetal und
die Grube Hilfe Gottes erstmals miteinander verbunden.
Wilhelm
Rögener zeigt die Roherzfördermengen der Berginspektion Grund
und die des späteren Erzbergwerks Grund von 1906-1965 auf und beleuchtet
besonders den Einschnitt durch den 2. Weltkrieg. Er erläutert die
Erzförderung um 1960 und verweist auf die Verlagerung des Erzabbaus
in westlicher Richtung.
Mit
Hinweisen zu den veränderten Abbauverfahren in den Jahren ab 1950
und der Bedeutung des 1951 abgeteuften Wiemannsbucht-Schachtes beendet
Wilhelm Rögener seinen informativen Vortrag.
 Dr.
Gerhart Gerecht studierte 1950 – 1960 an der TU Clausthal, kam 1961
zur Preußag. 1967 nahm er seine Tätigkeit beim EBG auf. 1971
wurde er zum Bergwerksdirektor des EBG berufen. In seine Zeit fiel die
von ihm maßgeblich angeschobene Modernisierung des EBG auf internationalen
Niveau. Dankesworte richtete er an seine damaligen treuen Mitarbeiter ohne
deren Einsatz der Umbau des Werkes nicht möglich gewesen wäre.
Namentlich dankte er seine engsten Mitarbeiter. Er rief noch einmal die
Alternativen allen ins Gedächtnis vor denen er stand. Im Detail erinnerte
er an die verschiedenen baulichen Veränderungen an den Schachtanlagen,
im Grubengebäude und in der Aufbereitung.
  Mit
dem Bau der neuen Fördermaschine endete eine erfolgreich abgeschlossene
Modernisierung am Achenbachschacht. 1975/1976 wurde eine neue Fördermaschine
auf dem Wiemannsbuchtschacht eingebaut. Die Elektrifizierung des Untertagebetriebes
wurde 1975 abgeschlossen. Zusammenfassend stellte Dr. Gerhart Gerecht fest:
"Die unternehmerische Modernisierung hatte sich gelohnt. Ein solider Bergwerksbetrieb
wurde geschaffen, der für das nächste Jahrhundert gerüstet
war und möglicherweise ein kurzgefasstes Lehrbuch der Bergbaugeschichte
ist.“
Dipl.-
Ing. Siegfried Frank berichtete als letzter Werkleiter über die
Arbeitsweise von 1975 bis zur Schließung des letzten Erzbergwerks
Deutschlands.
Siegfried
Frank hat 1956 – 1961 Bergbautechnik in Rumänien studiert und kam
1974 nach Deutschland. Er rief die seinerzeitigen Betriebsausrichtungsplanung
1978 – 1986 in Erinnerung und berichtete, dass in dieser Zeit die höchste
Jahresförderung von 445.000 to Roherz erreicht wurde. Die Mechanisierung
erleichterte die Arbeit der Bergleute. Die Ausbau- und das Pumpenversatzverfahren
waren weitere Verbesserungen im modernen Erzbergbau. Das Abbauverfahren
wurde umgestellt und die 20.Sohle aufgefahren. 1985 kamen 22 Schaufellader
in den Einsatz und acht Muldenkipper mit Dieselantrieb (insgesamt 3.000
kw Leistung) wurden angeschafft. Doch der Preisverfall machte dem Werk
zu schaffen. 1987 wurde erstmals von Stilllegung gesprochen. Kurzarbeit
und Reduzierung der Förderung auf 300.000 t Roherz war 1986 dieser
Diskussion vorausgegangen. Erstmals sollte der Betrieb zum 30. Juni 1988
geschlossen werden. Im November 1987 wurden neue Planungen aufgenommen
und im Februar 1988 wurde von der Preußag zum letzten Bergdankfest
eines aktiven Bergbaus eingeladen. Im April 1988 wurden Kündigungen
zum 31. Dezember 1988 ausgesprochen. Veränderte Preise führten
dazu, dass die Kündigungen zurückgenommen wurden und die Betriebszeit
wurde Jahr um Jahr verlängert. Ein weiterer Zinkpreisverfall führte
dazu, dass am 31. März 1992 das letzte fördernde Erzbergwerk
Grund und damit in Deutschland stillgelegt wurde, so Siegfried Frank.
  Prof.
Dr -Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau, TU Clausthal,
beleuchtete die Abbauverfahren damals in Bad Grund. Dieses Verfahren ist
heute noch üblich und wird weltweit noch angewandt. Anschaulich stellte
er die Bergbau-Hochleistungsbetriebe weltweit vor und zeigte mit einem
Film die Abbauverfahren in der Welt auf.
Dr.-Ing.
Wolfgang Lampe, heute am Niedersächsischen Landesbergamt Bergbau,
Energie und Geologie in Clausthal tätig und Leiter des Niedersächsischen
Bergarchivs gab seine persönlichen Erinnerungen preis, als er als
Praktikant während seines Studiums an der TU Clausthal beim EBG tätig
war. Er schilderte seine mit Lichtbildern unterlegten ersten Eindrücke,
gab die familiäre Atmosphäre am EBG wieder, erinnerte an den
Tag der offenen Tür aus Anlass "150 Jahre Grube Hilfe Gottes“ am 31.
Oktober 1981 und den Einsatz der LHD-Fahrzeuge.
Ein
durch und durch mechanisiertes Bergwerk war in kurzer Zeit entstanden und
die Preußag suchte in Stellenanzeigen keine Bergleute sondern Arbeitskräfte.
So hatte sich die Tätigkeit beim EBG gewandelt. Doch dann wurde 1987/1988
über Kurzarbeit und Stilllegung gesprochen. Man schwankte zwischen
Zorn und Resignation, so Dr. Wolfgang Lampe. In diesem Zusammenhang rief
er das Gedicht von Olaf Schubert (1992) in Erinnerung. Der Rückbau
aus dem Grubengebäude wurde schnell verwirklicht.
Das
EBG wurde am 31. März 1992 stillgelegt. Inzwischen hat sich vieles
geändert. Der Förderturm des Westschachtes wurde 1999 abgebaut,
das Gelände ist zugewachsen. Die Wiemannsbucht sollte einer anderen
Nutzung als Sägebetrieb zugeführt werden und jetzt wird überlegt,
ob mit dem Bau eines unterirdischen Pumpspeicherwerkes dieses Gelände
einer neuen Nutzung zugeführt werden kann. Der Knesebeck-Schacht wird
als Bergbaumuseum genutzt.
  Prof.
Reinhard Schmidt referierte unter dem Vortragstitel "Das neue Berggeschrei
in Sachsen“. Auch er studierte in Clausthal-Zellerfeld und war als Praktikant
am EBG tätig. Viele Jahre war er beim Landesoberbergamt in Nordrhein-Westfalen
und später in Niedersachsen tätig. Seit 1991 ist er im sächsischen
Ministerium für Bergbau und Rohstoffe tätig.
Er
zeigte die Zusammenhänge Erze und deren Verwendung im Zusammenspiel
mit einer erfolgreichen Politik auf. Er beleuchtete "Was in China die Politik
gemacht habe?“ und widersprach der Auffassung, dass die Bundesrepublik
ein rohstoffarmes Land sei. Im Interesse einer Rohstoffsicherung hat die
damalige DDR eine gewissenhafte Erforschung aller ihrer Lagerstätten
vorgenommen. Er erinnerte an die Denkschrift zu den Fragen der Rohstoff-Gewinnung
und zum heutigen Bergbau in der BRD unter Stillegungs- und Umweltgesichtspunkten.
"Hightech-Erze erfordern neues Bundesbergrecht. Klassische Bergbauunternehmen
sind in Deutschland leider nicht mehr anzutreffen, so Prof. Reinhard Schmidt. |
Dr.
Thomas Lautsch studierte an der Technischen Hochschule in Aachen und
war für die Ruhrkohle in Bergbaubetrieben u.a. im Harz, in den USA
und in Australien tätig. Wie er ausführte, habe er seine halbe
Kindheit im Harz verbracht. Seit Jahren ist er in der Projektentwicklung
der Kupferlagerstätte Spremberg tätig. Diese Tätigkeit steht
unter dem Gesichtspunkt der rasanten technischen Entwicklung und Globalisierung.
Technische und wirtschaftliche Bewertungen sowie die Machbarkeit werden
bewertet. Fragen zur Finanzierung des Objektes, der Raumordnung und des
Planfeststellungsverfahrens beantwortet. Dabei müssen die brisanten
Themen der Umweltbelastung bearbeitet werden. Das Verfahren auf internationalem
Standard dauert etwa zehn Jahre und wenn es vom Erfolg gekrönt ist,
dann wird Fachfirmen der Bau des Bergwerks überlassen.
Im
Schlusswort des hochinteressanten Kolloquiums stellte Dr. Wolfgang Lampe
fest, dass der Bergbau in Bad Grund erforscht ist. Dies haben die gehaltenen
Vorträge gezeigt, die in einem Buch zusammengefasst sind. Mit einem
Blick in die Zukunft stellte er fest, der Metallerzbergbau muss in Deutschland
nicht zu Ende gehen. Mit Dankesworte an die vielen "Heinzelmännchen“
und Hinweisen auf die Abendveranstaltung und weiteren Veranstaltungen beendete
er seine Ausführungen. Prof. Dr. Oliver Langefeld berichtete, dass
die eingesammelten Spenden für die Fördergesellschaft auf dem
einstigen Erzbergwerk den stolzen Betrag von 1.700 Euro erbracht haben,
die er Dr. Oswald Sander überreichte.
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