Die
Kaskaden des Grunder Gefälles
Das
Grunder Gefälle ist ein Teilbereich des historischen Harzer Wasserwirtschaftssystems.
Dieses System wurde über Jahrhunderte hinweg für die Energieversorgung
der Harzer Erzgruben ausgebaut. Die Gesamtheit dieser Anlagen - „Oberharzer
Wasserregal“ - ist durch das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz
vom 30.5.1978 zum Kulturdenkmal erhoben worden, weil es ein technischgeschichtlich
herausragendes System von Bauanlagen darstellt. Das Grunder Gefälle
selbst, dessen Wasser bis 1992 für das
Erzbergwerk
Grund genutzt wurden, wird jetzt denkmalpflegerisch aufgearbeitet
und museal erschlossen.
Das
Grunder Gefälle beginnt sichtbar am Westportal des in den Jahren 1834-38
aufgefahrenen Schulte-Stollens.
(Bilder
oben) Hier laufen die Wasser, die von
jenseits des Berges aus dem „Innerste-Gefälle“ stammen und dort bereits
genutzt wurden, in die Kaskaden des Grunder Wassersystems ein. Erste Station
ist die Schachtanlage
Wiemannsbucht, vormals befand sich an diesem Ort der 4. Lichtloch-Schacht
(Klick:
Bild 2) des 1777-99 aufgefahrenen Tiefen
Georg-Stollens. Ab dieser Zeit wurde hier Wasser für die verschiedensten
Kraftsysteme benötigt, am Ende der Betriebsperiode dann nur noch unter
Anwendung eines Hydrokompressors
zur Drucklufterzeugung. Die Wasserzuführungs- und Ableitungssysteme
hierzu sind noch erhalten, ebenfalls in der Schachthalle die Verrohrung
zum Kompressor hin. Mit
niedrigem Gefälle läuft das Wasser dann in verrohrten Gräben
und dem 1100m langen Oberen Eichelberger Wasserlauf (Klick
Bild 4) am Eichelberg entlang auf das
Knesebeck-System zu.
Vom
Oberen Eichelberger Wasserbehälter, etwas über 40m oberhalb der
Knesebeckschachthalle
gelegen, geht es steil abwärts. Das Wasser konnte hier auf verschiedenen
Wegen zur Beaufschlagung der unterschiedlichsten Wasserkraftanlagen bis
zu 100m in die Tiefe stürzen. Der Knesebeckschacht wurde ab 1855 abgeteuft.
Bereits hierfür wurde Wasserkraft benötigt. Erhalten sind aus
dieser ersten Betriebsphase neben dem Wasserlaufsystem noch die Kunstradstube
und die Kehrradstube.
(Bild 5) Hier
waren 12m und 8,5m hohe Wasserräder aufgestellt, mit deren Hilfe für
den Schacht die Pumpen, die Seilförderung und die Fahrkunst angetrieben
wurden. Ab
1900 wurden die Wasser zum Antrieb von Stromturbinen und ab 1913 vor allem
zur Drucklufterzeugung durch einen Hydrokompressor genutzt. Aufgrund der
morphologischen Gegebenheiten (Hanglage des Schachtgeländes) mußte
hier ein sog. Hydrokompressorenturm
(Bild 6) errichtet
werden, heute ein singuläres Denkmal der Harzer Montanlandschaft.
Alle
Wasser, die auf der Knesebeck-Anlage genutzt wurden, flossen durch den
Unteren Eichelberger Wasserlauf der Grube Hilfe Gottes mit dem ehemaligen
Hilfe-Gotteser Schacht und dem modernen Achenbachschacht zu. Hierzu wurde
bereits 1833/34 eine Röhrentour unter dem Grundner Tal hindurch erbaut. Diese
funktioniert nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren. (Klick
Abbildung unten) Die Betriebswasser flossen
einige Jahrzehnte in einem hölzernen Gerinne vom Eichelberg hinunter
der Röhrentour zu. In den Jahren 1855/56 wurde im Zusammenhang mit
der Abteufung des Knesebeck-Schachtes der Untere Eichelberger Wasserlauf
aufgefahren. Das Holzgerinne wurde abgeworfen. Der Wasserlauf ist über
zwei Tagesstollen an der Nord- und Südseite des Berges zugänglich
und hat eine Länge von über 200m. Er ist heute noch wasserführend.
Die Wasser laufen von der Kehrradstube durch eine untertägige Ablaufrösche
zu. Am Südende des Stollens verschluckt der verrohrte Zulauf zur Röhrentour
die Wasser. Der Stollen des Wasserlaufes steht frei im Tonschiefergebirge,
nur die Mundlochbereiche sind mit Ausbau versehen.
Im
jetzt verrohrten Hilfe-Gottes-Graben gelangen die Wasser zur Grube Hilfe
Gottes, der ehemaligen Zentraleinheit des Erzbergwerkes Grund. Von der
vielfältigen Wassernutzung (Wasserräder, Hydrokompressor, Pochwerk,
etc.) (Bild 5) war
bis in die 1990er Jahre einzig die Elektroenergiegewinnung übrig geblieben.
Im Achenbachschacht befand sich auf der 4. Sohle eine Kraftwerksanlage.
Die Wasser des Grunder Gefälles, aber auch die Wasser des
Tiefen-Georg-Stollens,
eines Wasserlösungsstollens, stürzten bislang auf die Turbinenanlage. Für
das Pochwerk wurden früher auch Wasser benötigt. In den Pochgräben
floss das Wasser danach den talabwärts gelegenen Wasserrädern
verschiedener Betriebe und dem Knollenwasserlauf zu.
Er
führte die Wasser in den Schacht auf die Turbinen zurück. Alle
Betriebswasser gelangten letztlich in den 1864 fertig gestellten
Ernst-August-Stollen,
der auch weiterhin als Wasserlösungsstollen aller Oberharzer Erzreviere
dient. Das Mundloch des Ernst-August-Stollens befindet sich in Gittelde.
Der nördliche Bereich des Unteren Eichelberger Wasserlaufes wurde
in Verbindung mit einem 1894 aufgefahrenem Suchortstollen zwischenzeitlich
als Besucherbergwerk ausgebaut. Eine Befahrung ist nur bei Sonderveranstaltungen
wie dem Europäischen Denkmaltag und auf Anfrage möglich.
(Quelle:
Text u. Schemazeichnung nach Dr. Ralf Nielbock, Dipl.-Geologe)
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